Mi, 12.09.12
Nachmittags Rückfahrt nach Ulan Bator zum Karakorum Hotel. Abends Besuch einer hervorragenden Folkloredarbietung (inkl. Transfers). Tipp: Für den chinesischen Speisewagen restliche mongolische Tugriks in chinesische Yuan umtauschen! (F/M)Die Nacht in der Jurte fing gut an. Mit Leggins, Ice-breaker Shirt und Wollsocken bin ich ins Bett gekrochen und habe überhaupt nicht gefroren. Aber an Einschlafen war nicht zu denken...
Ludmilla pflegt ihren Husten und Jürgens Bett fällt auseinander. Ich bin aber zufrieden und ohne Sorgen und denke nur, dass eine nicht geschlafene Nacht mir nichts anhaben kann, denn ich habe am nächsten Tag keine Verpflichtungen.
Am nächsten Morgen höre ich von meinen Jurten-Genossen, dass ich wohl "einen Vertrag mit dem Sägewerk hatte" :-), also so ganz schlaflos kann es nicht gewesen sein.
Am Morgen ist die Raumluft so kalt, dass ich keine Lust habe aufzustehen. Jürgen und Phillip sind schon gegen 7 Uhr auf den Beinen, Ludmilla folgt eine Stunde später. Ich bleibe auf jeden Fall in meinem warmen Nest, denn um 9 Uhr soll es Frühstück geben. Kurz nach 8 kommt Agi, um den Ofen anzufeuern. Mit Birkenrinde scheint es gut zu gehen. Die Luftzufuhr ist aber zu gering, so dass das Feuer auch schnell wieder aus ist. Als Jürgen und Phillip wieder kommen versuchen sie als Feuerteufel ihr Glück - vergeblich. Ich fühle mich an meiner Ehre gekitzelt, schaffe es aber auch nicht.
Zum Frühstück gab es wieder Rührei mit Wurst und Gurkenscheiben. Heute werden reichlich europäische Sachen aufgetischt. Rama, Marmelade, Schokoaufstrich und Scheiblettenkäse werden aufgefahren.
Nach dem Frühstück besuchen wir eine Normadenfamilie im Dorf. Wir werden etwas Zick-Zack durchs Dorf geführt und eine Dorfbewohnerin wird vorgeschickt, um unseren Besuch anzukündigen. In dem Gelände steht ein Motorrad und einige gemauerte Nebengebäude zur Jurte. In der Jurte arbeitet eine junge Frau und verarbeitet Kuh- und Jakmilch zu Joghurt und Hartquark. Der Fernseher läuft und der Ofen bollert. Wir nehmen alle Platz rund in der Jurte. Als erstes bekommen wir ein Stück Hartquark angeboten. Dieses Zeichen der Gastfreundschaft müssen wir annehmen und davon probieren. Er schmeckt säuerlich süß. Wir lernen, dass dieser Quark etwas ganz besonders teueres ist, was für den Verkauf in der Stadt produziert wird. Als nächstes probieren wir Rahm von der Jakmilch aus einem Topf und von einem Löffel der rundgereicht wird. Es schmeckt wie Vanilliepudding.
Jurten sind Einraumwohnungen, hier auch mit Kühlschrank und Gefriertruhe.
Die junge Frau arbeitet weiter. Sie spült Töpfe und Kannen und schlägt zwischendurch die Stutenmilch. Leicht schmunzelnd beantwortet sie unsere Fragen. Wir sind uns nicht sicher, ob die Geschichten zu ihrer Lebensform alle wirklich so schlüssig sind. Unser Besuch findet im Sommer – und Herbstlager statt. Das Winter- und Frühlingslager soll ca. 6 km weit entfernt liegen. Beim Umzug wird die Jurte mitgenommen.
Bei unserer Unterkunft erklärt Agi uns ein mongolisches Gesellschaftsspiel. Mit den Knöchelknochen von Schafen/Ziegen wird eine Art Würfelspiel gespielt. Diese Knochen haben 4 Seiten. Eine steht für Schaf, eine für Ziege, eine für Pferd und eine für Kamel. Es wurden 3 Arten Spiele gespielt, z.B. Pferderennen, Flitschen gleicher Tiere....
Bald gab es schon Mittagessen- eine gebundene Kartoffel-Fleischsuppe und für jeden 5 Teigtaschen gefüllt mit Fleisch und Gemüse. Ich komme nicht gut mit diesen Massen an Essen zurecht. Es ist wohl unhöflich, aber ich schaffe nicht einen Teller ganz leer zu essen.
Überhaupt haben wir hier viele Möglichkeiten in Fettnäpfchen zu treten. Es gibt unzählige von Verhaltensregeln in Bezug auf Gastfreundschaft und im Verhalten zwischen Mann und Frau. Mithilfe in der Küche ist z.B. untersagt, die Sitzordnung am Tisch ist nach Männer und Frauen getrennt, übervolle Teller sind Zeichen der Gastfreundschaft, wenn etwas gereicht wird muss es von unten gefasst werden, in den Jurten gibt es Männer – und Frauenseiten, geschlafen wird mit den Füssen Richtung Süden, das Feuer in der Jurte darf nur von der Hausfrau angezündet werden, man darf nicht in der Mitte zwischen den Tragebalken hindurch laufen.... Die Liste kann bis ins unendliche erweitert werden.
Bis 13.30 Uhr müssen wir noch auf unseren Transferbus warten. Die Stimmung in der Gruppe ist angespannt. Ich bin froh, dass ich wieder in dem kleinen Jeep mit vier Gästen fahren kann. Wir machen noch einen Stopp an der Felsformation „ Schildkröte“ und sind froh in unsrem kleinen Dorf gewesen zu sein, denn rund um diese Touristenattraktion liegen viele Camps, auch Ferienlager für mongolische Kinder.
Dann geht die Fahrt weiter nach Ulan Bator - die Weite der Landschaft und die vergleichsweise leeren Strassen werden nun wieder zum Verkehrschaos im Schlaglöcherfeld. Die Fahrt hat 2,5 Stunden gedauert, wovon nahezu eine Stunde Stop and Go in Ulan Bator war. Wir besichtigen das Bogd-Khan-Museum, was in seiner Tempelanlage untergebracht ist. Viel Gold und viele Götter in einem eher schlechten Zustand. Der Winterpalast beherbergte noch einige Möbel, Spielzeug, eine Jurte und Kleidung des Bogd-Khans.
Da wir uns auch gerne in einem Kaschmir-Geschäft umschauen wollten, wurde der Transfer zur Folkloredarbietung eine Spießrutenfahrt. Kurz nach 18 Uhr erreichten wir das Theater und wurden dann in einer kleinen Pause in den Zuschauerraum geschleust. Musik, Tanz und Akrobatik wechselten sich ab. Eine tolle bunte Veranstaltung, die einen guten Einblick gab. Die Musiker spielten Pferdekopfgeigen in unterschiedlicher Größe, eine Tischharfe, ein Horn aus echtem Rundhorn mit Klappen und einer Flöte.
Anschließend tauschen wir noch unsere Turigs in Yuans und fahren zurück zum Hotel. Wir verzichten auf ein Abendessen wegen der übergroßen Versorgung der letzten 1,5 Tage. Auf einen Absacker treffen sich noch einige aus der Gruppe in der Hotellounge.
Gegen 22.30 Uhr gehe ich aufs Zimmer, denn morgen gibt es um 5 Uhr Frühstück und um 6 Uhr werden wir zu unserer letzten Zugetappe abgeholt.
Die Nacht wird sehr unruhig. Auf dem Flur ist viel los und unser Wecker klingelt eine Stunde zu früh, denn ich hatte vergessen am Handy die Zeit wieder umzustellen.